Hirschaid lehnt Windkraftprojekt ab – und verliert wahrscheinlich Einfluss durch mögliche Ausweisung eines Vorranggebiets

Windräder auf dem Jura in der Nähe von Laibarös Foto: Thomas Ochs

Die Grüne Kreistagsfraktion kritisiert den im Hirschaider Gemeinderat ohne Not und voreilig erzwungenen Beschluss zum Ausstieg aus dem gemeinsamen Projekt mit Altendorf

Landkreis Bamberg – Mit großem Bedauern reagiert die Grüne Kreistagsfraktion Bamberg auf die äußerst knappe Entscheidung des Hirschaider Gemeinderats, das geplante Windkraftprojekt im Bereich Seußling-West / Großbuchfeld abzulehnen. Trotz der wachsenden Bedeutung von regional erzeugter, erneuerbarer Energie wurde ein Projekt gestoppt, das nicht nur wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll, sondern auch gut vorbereitet und von der Gemeinde selbst geplant war. Das Planungsgebiet war durch Gemeinderatsbeschluss bereits als mögliches Vorranggebiet an den Regionalen Planungsverband Oberfranken West gemeldet worden. Das Vorhaben hätte die CO2 Bilanz der Marktgemeinde Hirschaid immens verbessert und darüber hinaus dringend benötigte Einnahmen in die Gemeindekasse bringen können.

„Diese Entscheidung ist ein Rückschritt für den Klimaschutz im Landkreis“, erklärt Fraktionsvorsitzender Thomas Ochs. „Gerade in Zeiten, in denen Extremwetterlagen, steigende Energiepreise und die Dringlichkeit des Ausstiegs aus fossilen Energien täglich spürbarer werden, ist es unverständlich, warum hier ohne Not aus einem zukunftsweisenden Projekt ausgestiegen wurde. Zumindest die Entscheidung des regionalen Planungsverbands über die Ausweisung der Vorranggebiete in Oberfranken hätte man abwarten müssen.“

Vorranggebiet nimmt Handlungsspielraum

Besonders kritisch bewerten die Grünen, dass das Gebiet voraussichtlich noch im Herbst 2025 als Vorranggebiet für Windenergie ausgewiesen werden soll. Damit verliert die Gemeinde wesentliche Steuerungsmöglichkeiten – Investoren könnten dann unabhängig vom Gemeinderat Windenergieanlagen errichten. In Vorranggebieten nach dem Regionalplan (§ 35 BauGB) ist die Windkraft bevorzugt zulässig. Kommunale Planung oder politische Ablehnung haben dann kaum noch rechtliche Wirkung – ein Szenario, das Hirschaid nun konkret droht. Auch die Gestaltungsmöglichkeiten über Bebauungspläne oder kommunale Steuerung entfallen in der Regel vollständig.
„Hirschaid hat seine Chance auf Mitgestaltung vertan und sich stattdessen für die Rolle des Zaungasts entschieden“, so Helga Bieberstein, stellvertretende Fraktionsvorsitzende. „Wer Windkraft ablehnt, wird sie trotzdem bekommen – aber ohne Mitbestimmung, ohne lokale Wertschöpfung und ohne Rücksicht auf kommunale Interessen.“
Sandra Bischoff, Kreisrätin und grüne Marktgemeinderätin in Hirschaid ergänzt: „Das abgelehnte Projekt wurde zusammen mit der Gemeinde Altendorf geplant und sollte auf Grundlage umfassender Umwelt-, Wirtschaflichkeits- und Standortanalysen die kommunale Energiewende auch im südlichen Landkreis vorantreiben. Es hätte jährlich viele Haushalte mit grünem Strom versorgen können, wertvolle Haushaltseinnahmen für die Marktgemeinde gebracht und gute Möglichkeiten für eine Bürgerbeteiligung geboten. Es ist nicht nur klimapolitisch kurzsichtig, sondern auch ein schwerer strategischer Fehler, ein lokal entwickeltes Projekt zu verwerfen, nur um dann durch überregionale Planung überstimmt zu werden.“

Energiewende braucht Verantwortung vor Ort

Die Kreistagsfraktion beabsichtigt, das Thema im Kreistag im Rahmen der Fortschreibung des Energienutzungsplans des Landkreises erneut aufzugreifen und den Dialog mit Bürger*innen und Gemeinderät*innen zu suchen. Ziel sei es, andere Gemeinden im Landkreis zu ermutigen, selbst Projekte für Windenergie anzugehen und das Heft des Handelns in eigener Hand zu behalten, bevor der Raumordnungsplan ihnen Investorenprojekte aufzwingt. „Die Energiewende ist ein Gemeinschaftsprojekt und eine Chance für unsere Region“, betont Ochs. „Jedes Nein zu Windkraft ist ein Ja zu fossiler Abhängigkeit – und das können wir uns nicht leisten.“

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