Wann kommt der Bus? Kemmern verpasst Mitwirkungsmöglichkeiten am Nahverkehrsplan

Gemeinderat Oliver Dorsch und Sprecherin Anne Schmitt setzen sich für ein bessere Busanbindung Kemmerns ein. Foto: Thomas Ochs

In der Sitzung des Gemeinderates Kemmern am 28.04.2022 ging es unter TOP 6 um die Stellungnahme der Gemeinde Kemmern zur Fortschreibung des Nahverkehrsplanes des Landkreises Bamberg. Dabei sind einige Dinge aus unserer Sicht missverständlich oder unvollständig dargestellt worden.

Die Neuordnung des ÖPNV im Jahre 2024 ist seit mehreren Jahren eines der wichtigsten Projekte im Landkreis Bamberg. Es geht dabei um Klimaschutz. Aber vor allem darum, dass die Menschen in den Landkreisgemeinden überhaupt einen gut nutzbaren Nahverkehr haben. Im Idealfall benötigt dann eine Familie nicht immer zwingend mehrere Autos, kann also dadurch auch bares Geld sparen. Oder Menschen ohne Auto oder Führerschein können selbständig zum Arzt oder zum Einkaufen oder zu Arbeit gelangen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben die aktive Beteiligung immer wieder gefordert
Das mehrstufige Verfahren zum Nahverkehrsplan als Teil des Mobilitätskonzeptes wird seit 2017 im Landkreis Bamberg diskutiert. Der Sachstand wird regelmäßig in verschiedenen Gremien des Kreistags vorgestellt. Die Gemeinde Kemmern hatte ca. 2 Jahre Zeit, sich aktiv in diesen Prozess einzubringen. Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben die Möglichkeit zur Beteiligung und Information der Bürgerschaft
und des Gemeinderates als Schwerpunkt in unserem Wahlprogramm zur Kommunalwahl 2020 eingefordert und unsere Mitarbeit angeboten.

Darum hat Gemeinderatsmitglied Dr. Oliver Dorsch dieses Thema immer wieder angesprochen. Da seit 2020 keine fachlich fundierte Information des Gemeinderates erfolgt ist, hat er am 9.11.2021 dazu einen Antrag gestellt. Ziel war es, rechtzeitig vor der endgültigen Stellungnahme einen Mitarbeiter des Landratsamtes Bamberg einzuladen, das Konzept vorzustellen und die für die Bürgerinnen und Bürger wichtigen Punkte zu diskutieren. Genau so haben es einige Gemeinden im Landkreis Bamberg gemacht.

Wie hat es Kemmern gemacht?
Diese Chance wurde in Kemmern mit dem Hinweis des Bürgermeisters, dass noch Erkenntnisse der Fachbehörden abzuwarten seien und eine Information zu gegebener Zeit ohnehin vorgesehen ist, verpasst. Stattdessen wurden in den letzten Jahren alle Abstimmungen nur direkt zwischen dem
Bürgermeister bzw. der Gemeindeverwaltung und dem Landratsamt
gemacht. Eine Beteiligung der Öffentlichkeit wurde verhindert.

Der Gemeinderat Kemmern wurde erst ganz am Schluss des aktuellen Verfahrens mit der vom Bürgermeister erarbeiteten Stellungnahme in öffentlicher Sitzung beteiligt. Die Chance, durch eine frühzeitige und aktive Beteiligung des Gemeinderates Einfluss auf das Nahverkehrskonzept zu nehmen, also alles zu versuchen, wirklich das Beste für Kemmern rauszuholen, war da bereits vertan. Es passt ins Bild, dass die Gemeinderäte zwar das für den Laien nur sehr mühsam zu durchblickende Konzept des Nahverkehrsplans, aber nicht die dazu vom Bürgermeister vorbereitete Stellungnahme im Vorfeld der Sitzung erhalten haben.

Besonders interessant sind die Aussagen des Bürgermeisters, mit der Zusendung der Fortschreibung des Nahverkehrsplan Anfang April 2022 bei einer Rückmeldefrist nur bis zum 20. April 2022 hätte die Landkreisverwaltung der Gemeinde zu wenig Zeit eingeräumt. Es hätte angeblich kaum eine andere Gemeinde im Landkreis das Thema im Gemeinderat behandelt und er als Bürgermeister hätte es aber geschafft, für Kemmern zumindest noch eine Fristverlängerung bis Anfang Mai zu bekommen. Nur dadurch hätte der Gemeinderat jetzt überhaupt noch die Möglichkeit, Stellung zu nehmen.

Welche Chancen wurden verpasst?
Tatsächlich haben andere Gemeinden im Landkreis Bamberg sich im Jahr 2021 – trotz Corona – von einem Experten aus dem Landratsamt Bamberg oder teilweise sogar vom VGN-Planungsbüro das Konzept erläutern lassen und dann ihre Stellungnahmen formuliert.

Die Umsetzung des Nahverkehrsplans wird ab 2024 die stetige Verschlechterung der Busanbindung Kemmerns zwar aufhalten. Aber Kemmern ist, obwohl nur knapp 8 km von Bamberg entfernt, schlechter gestellt als beispielsweise Pettstadt oder Frensdorf. Das bedeutet, dass Kemmern zwar in der Hauptverkehrszeit (HVZ = Mo-Fr 6 bis 20:30 Uhr) einen 60 Minuten Takt bekommen soll. Allerdings werden die Haltstellen in Kemmern im Wechsel mit der Bushaltestelle an der Staatsstraße bedient. Das heißt, die Haltestellen im Ort werden nur alle zwei Stunden angefahren. Am Samstag (NVZ = Nebenverkehrszeit) ist nur ein Zweistundentakt geplant. Am Sonntag (SVZ = Schwachverkehrszeit) wird es zwar dann erstmals überhaupt ein Angebot geben. Allerdings nur als Bedarfsverkehr. Verpasst wurde die Chance, die Einstufung Kemmerns in eine bessere Kategorie gemeinsam mit Gemeinderat und Bürgerschaft parteiübergreifend einzufordern. Dies wäre auch für die Zukunft der Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe in Kemmern wichtig gewesen. Gleiches gilt für die wichtige Anbindung an den Bahnhof Breitengüßbach.

Kann man heute schon mit einem Ticket von Kemmern zum Klinikum fahren?
Fast eine Nebensächlichkeit ist die Aussage von Bürgermeister Rüdiger Gerst, es sei ein fernes Ziel des Nahverkehrsplans, dass man mit einer Fahrkarte zum ZOB fahren und dann in Bamberg keine weitere Fahrkarte mehr lösen muss, um beispielsweise zum Klinikum zu fahren. Als Kreisrat müsste der Bürgermeister wissen, dass dies seit über 10 Jahren schon genauso problemlos möglich ist. Und zwar seit dem Beitritt des Landkreises Bamberg zum VGN im Januar 2010. Mit einem TagesTicket Plus können 2 Erwachsene und bis zu 4 Kinder oder Fahrräder für derzeit 21,50 Euro von Kemmern aus beispielsweise nach Nürnberg oder Haßfurt oder zum Altmühlsee und zurück fahren. Das Tagesticket nach Bamberg oder Bad Staffelstein ist günstiger. Das Ticket kann den ganzen Tag lang für beliebig viele Fahrten im gesamten VGN Gebiet genutzt werden. Mit der Einführung des 365-Euro-Schülertickets haben die Kemmerner Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, ohne zusätzliches Ticket den Nahverkehr im gesamten VGN-Gebiet zu nutzen.

Was ist jetzt wichtig für Kemmern und den Landkreis?
Die politische Aufgabe ist es jetzt, vor allem in den Gremien des Kreistages aktiv dafür einzustehen, dass die für 2024 geplanten Verbesserungen des Nahverkehrsplans auch tatsächlich kommen. Und sich nachdrücklich dafür stark zu machen, dass der Regionale Omnibusbahnhof (ROB) in Bamberg konkret geplant und dann auch umgesetzt wird. Unser grüner Kreisrat Thomas Ochs tut dies mit Fachkompetenz und Engagement. Er ist Mitglied in der interfraktionellen Arbeitsgruppe ÖPNV des Kreistags und Verbandsrat im Zweckverband VGN. Sich aktiv einbringen, um Sachthemen für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort voran zu bringen ist das Ziel des Ortsverbandes von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der dafür weitere Mitstreiter sucht.
29.04.2022, Anne Schmitt

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3 Kommentare

  1. Vielen Dank für den Bericht. Als Mitglied des Gemeinderates habe ich die ausgedruckte, 130 Seiten fassende Unterlage am Donnerstag, 21.4. erhalten. Als berufstätiger Bürger, ehrenamtlich als Gemeinderat tätig, ist es nicht umsetzbar, bis zur Sitzung am 28.4. sich in dieses Thema einzulesen – geschweige denn mit dieser für Kemmern wichtigen Materie intensiv zu befassen. Hier hätte ich mir eine deutlich frühere Information seitens der Verwaltung gewünscht. Selbst der Antrag unseres Fraktionskollegen Dr. Oliver Dorsch vom 9.11.2021 konnte die Verwaltung nicht bewegen, den Gemeinderat frühzeitig in das Thema einzubinden.

  2. Am 02. 06.2022 hat der Kreistag zu Bamberg in öffentlicher Penarsitzung die Teilfortschreibung des Nahverkehrplans behandel. Vom Referenten wurde besonders hervorgehoben, dass insbesondere von der Gemeinde Kemmern eine große Stellungnahme eingebracht worden war. Diese hat bei der vorgesehenen Anbindung Kemmerns im Stundentakt zu weiteren Verbesserungen Anlass gegeben.
    Volker Pflaum

    1. Dies ist richtig und ich denke, alle Beteiligten sind froh, dass sich hier -quasi in letzter Minute- noch Verbesserungen ergeben.
      Fakt ist aber auch, dass seit über zwei Jahren an der Planung gefeilt wird und insbesondere im vergangenen Jahr in verschiedenen Gemeinden die Fachplaner im Gemeinderat das Konzept vorgestellt haben und so zumindest die Möglichkeit der Beteiligung von Gemeinderät:innen und Bürger:innen bestand.

      In Kemmern ist dies trotz wiederholter Nachfrage des GRM Oliver Dorsch nicht passiert. Aus Nutzersicht gäbe es da nämlich schon noch eine ganze Reihe von Punkten zu diskutieren. Auch die Frage, ob sich durch frühzeitige Beteiligung von Gemeinderat und Bürger:innen nicht noch deutlich mehr Verbesserungsvorschläge und -möglichkeiten eröffnet hätten, bleibt so natürlich unbeantwortet.

      Eine echte Bürgerbeteiligung, zumindest bei Themen die so komplex und wichtig sind wie der ÖPNV im ländlichen Raum, werden wir als Grüne weiterhin engagiert einfordern und auch deutlich darauf hinweisen, wenn dies nicht geschieht.

      Die Gemeinde hat eine Reihe von Möglichkeiten hier proaktiv tätig zu werden: Neben dem frühzeitigen Einbinden des Gemeinderates, fallen mir hier ganz spontan Bürgerversammlungen oder das Einrichten von Bürgerforen zu wichtigen Themen ein. Engagierte Menschen, die bereit wären sich einzubringen gibt es m.E. auch in Kemmern zur Genüge. Allerdings müssen die Beteiligungsmöglichkeiten niederschwellig zugänglich sein und die Menschen müssen das Gefühl vermittelt bekommen, dass ihr Engagement sinnvoll und zielführend ist.